Gebäudeversicherung Bern (Hrsg.): Die Gebäudeversicherung Bern

Cover
Titel
Die Gebäudeversicherung Bern im Wandel der Zeit.


Herausgeber
Gebäudeversicherung Bern
Erschienen
Bern 2018: Haupt Verlag
Anzahl Seiten
219 S.
von
Anna Bähler

Die Gebäudeversicherung Bern (GVB) gab 2018 ein Buch heraus, das ihre über 200-jährige Geschichte dokumentiert und zusätzlich das Thema Gebäude- und Elementarschadenversicherung aus weiteren Perspektiven betrachtet. Die Publikation zeichnet sich durch viele eindrückliche historische Bilder und Fotografien aus, zudem enthält sie zahlreiche interessante Grafiken zu diversen Aspekten der Versicherungsthematik sowie zum Klimawandel – ein Thema, das nicht von ungefähr Eingang in die Publika- tion gefunden hat, betreffen doch die Klimaveränderungen die GVB direkt, weil sie das Schadenspotenzial erhöhen.

Den geschichtlichen Überblick verfasste die Historikerin Anne-Marie Dubler. Er umfasst 50 Seiten und ist zweispurig gegliedert: Der Haupttext stellt die Geschichte der Gebäudeversicherung Bern dar und bettet diese in die politische Entwicklung des Kantons Bern ein. Parallel dazu bieten mehrere den Text ergänzende Kästen eine Zusammenfassung der politischen und wirtschaftlichen Geschichte des Kantons Bern sowie zusätzliche Informationen zur Gebäudeversicherung. Diese Zweigleisigkeit hat einige Redundanzen zur Folge, zudem enthält der dicht geschriebene Text viele Daten und Zahlen, was die Lesbarkeit erschwert. Die Autorin stellt detailliert dar, wie die Berner Gebäudeversicherung, die 1806/07 als Brand-Versicherungs-Anstalt (BVA) vorerst ohne Obligatorium und Monopol sowie als zeitlich begrenztes Provisorium ge- gründet worden war, sich gegenüber anderen privaten Assekuranzen durchsetzen und politische Klippen umschiffen musste. Nach der Regeneration richtete der Kanton Bern zwar die BVA mit einem beschränkten Obligatorium definitiv ein, liess aber bis 1881 auch private Versicherungen zu. Erst mit dem kantonalen Versicherungsgesetz von 1914 avancierte die BVA zu einer rechtlich eigenständigen Gebäudebrandversicherung mit Versicherungsobligatorium und Monopol für alle Gebäude im Kanton Bern. 1928 übernahm die BVA zusätzlich die Deckung der durch Naturkatastrophen wie Lawinen, Bergrutsche oder Überschwemmungen verursachten Elementarschäden an Gebäuden, 1942 die Deckung von Hagelschäden an Gebäuden. 1972 schliesslich wurden die Bauversicherung und die Zusatzversicherung für Explosionsschäden in das Versicherungsobligatorium integriert. Damals erfolgte zudem die Namensänderung zu Gebäudeversicherung des Kantons Bern. Im ausgehenden 20. Jahrhundert gerieten die staatlich gestützten Monopolversicherungen in die Kritik. Der GVB gelang es, das Versicherungsobligatorium für Brand- und Elementarschäden beizubehalten, sie führte daneben aber freiwillige Zusatzversicherungen ein und verstärkte ihr Engagement in der Schadensprävention. Ab 2011 erweiterte sie ihr Geschäftsmodell in diesen Bereichen mit zwei am Markt tätigen Tochtergesellschaften.

Eine ausklappbare Zeittafel und eine kurze Beschreibung der 19 grössten Schadensereignisse im Kanton Bern ab 1865 – Brandkatastrophen, Überschwemmungen, Stürme, Hagel, Lawinen und eine Gasexplosion – ergänzen den geschichtlichen Abriss. Die Publikation enthält zudem ein weiteres historisches Kapitel: Anhand von 22 illustrierten Beispielen stellt der Architekturhistoriker Dieter Schnell gut nachvollziehbar die Entwicklung des Familienwohnhauses von 1807 bis 2007 im Kanton Bern dar, wobei er nicht nur Häuser aus der Stadt und der Agglomeration Bern vorstellt, sondern auch aus dem Jura, dem Emmental, dem Oberland und dem Oberaargau. Teilweise historisch ausgerichtet ist das höchst aktuelle Kapitel zum Klimawandel, das der renommierte Berner Klima- und Umweltphysiker Thomas Stocker verfasst hat. Er zeichnet sowohl die Geschichte des Klimas wie auch die Bedeutung der Berner Klimaforschung nach, deren Anfänge bis ins frühe 19. Jahrhundert reichen. Etwas ungewohnt für Historikerinnen und Historiker ist der Ansatz der Klimaforschung, die Entwicklungen in der Vergangenheit mit möglichen Zukunftsszenarien zu verbinden – erst daraus ergibt sich gemäss Stocker die gesellschaftliche Relevanz dieses Forschungsgebiets. Aufgrund der wissenschaftlichen Erkenntnisse fordert er die Ablösung fossiler Energieträger und aller Technologien, die davon abhängig sind. Diese sogenannte Dekarbonisierung definiert er als vierte industrielle Revolution nach der Mechanisierung, der Elektrifizierung und der Digitalisierung.

Einen kurzen historischen Rückblick bietet auch das Kapitel zur Gebäudetechnik, das Adrian Altenburger, Co-Leiter des Instituts für Gebäudetechnik und Energie sowie des gleichnamigen Studiengangs an der Universität Luzern, verfasst hat. Auf wenigen Seiten fasst er die Entwicklungsgeschichte der Gebäudetechnik von der Antike bis in die Gegenwart zusammen und beschreibt, wie sich mit dem Einzug der Technik in die Gebäude der Komfort und die Sicherheit steigerten. Im Folgenden zeigt er auf, wie in- telligente Technik und Suffizienz künftig nachhaltiges Bauen ermöglichen werden. Der bekannte Wirtschaftsjournalist Beat Kappeler verweist in seinem Kapitel, das sich mit dem Monopol der Gebäudeversicherung befasst, ebenfalls auf historische Entwicklungen, die in gewissen Wirtschaftsbereichen – so auch in der Versicherungsbranche – Monopole wünschenswert machen können. In einem weiteren, kurzen Beitrag äussert sich der Emmentaler Unternehmer Oscar A. Kambly zur sozioökonomischen Bedeutung unternehmerischer Innovationskraft, und die Theologin Christine Bär philosophiert in ihrem ebenfalls knapp gehaltenen Kapitel über das Wohnen als Grundbedürfnis der Menschen sowie über die Bedeutung und Grenzen von Sicherheit, Solidarität und Versicherung in Bezug auf das Wohnen. Karin Frick, Leiterin Research und Mitglied der Geschäftsleitung des Gottlieb-Duttweiler-Instituts, rundet die lesenswerte Publikation mit einem Beitrag zum Einfluss der Digitalisierung auf die Versicherungsbranche ab. Sie erwartet in den nächsten Jahren einen tief greifenden Umbruch auch in diesem Wirtschaftsbereich, weil die Veränderungen der Konsumgewohnheiten und der zunehmend fluide Lebensstil vieler Menschen neue Ansprüche und ein vielfältigeres Versicherungsbedürfnis der Kundschaft zur Folge haben werden.

Zitierweise:
Anna Bähler: Rezension zu: Gebäudeversicherung Bern (Hrsg.): Die Gebäudeversicherung Bern im Wandel der Zeit. Bern: Haupt 2018. Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 82 Nr. 1, 2020, S. 65-67.

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Zuerst veröffentlicht in

Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 82 Nr. 1, 2020, S. 65-67.

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